Hin und wieder erwähne ich die Schatzsuche und ich habe das Schatzsuche-Blog auch auf dieser Seite verlinkt, auch wenn es derzeit noch im Aufbau befindlich ist. Die Schatzsuche ist ein Selbsterfahrungsseminar, aber häufig scheint dieser Begriff abzuschrecken. Was also ist die Schatzsuche und warum ist sie mir so wertvoll, dass ich dieses Wochenende zum sechsten Mal teilnehme?
Inhaltlich besteht die Schatzsuche aus drei großen Blöcken:
- Konzentrative Bewegungstherapie (KBT)
- Kunsttherapie
- Gewaltfreie Kommunikation (GfK)
Ich liebe die KBT und kann das Buch „Konzentrative Bewegungstherapie in der Praxis“ von Christine Gräff wärmstens empfehlen. Details zur KBT und den anderen Punkten finden sich im Internet und natürlich dem Schatzsuche-Blog. Die Übungen der KBT helfen bei der eigenen Körperwahrnehmung. Bewusstes Atmen führt zu Entspannung, vorsichtige Bewegungen zum Ausloten des Raumes. Hin und wieder stoßen wir dabei an Grenzen oder gehen darüber hinaus.
Unsere Sprache hat einen reichhaltigen Vorrat an Wörtern, die mit Bewegung und zusammenhängenden Gefühlen in Bezug stehen. Was bewegt Dich? Wie geht es Dir? Wie läuft es? Wir schreiten durchs Leben und schauen dem Lauf der Dinge zu. Wenn ich im Programmieren gefangen bin, habe ich einen Lauf, und wenn ich verliebt bin, rast mein Herz. Sollte es da verwundern, dass Bewegungen einen Zugang zu unserer Gefühlswelt ermöglichen können?
Durch die Kunsttherapie bin ich zum Malen gekommen. Hätte ich zuvor nicht gedacht, dass ich zu Gefühlen Farben zuordnen kann und es mit diesen Farben sogar malen kann, so weiß ich heute nicht nur, dass es möglich ist. Vielmehr ist es sogar so, dass die anderen Teilnehmer das gemalte Gefühl erkennen. Wir haben auch schon mit Ton gearbeitet und uns im Formenzeichnen geübt. All dies ist für mich eine Art des Meditierens und ich bin glücklich, den künstlerischen Aspekt in meinen Alltag integriert zu haben.
Die Gewaltfreie Kommunikation gibt einen Leitfaden, wie wir unser Reden bewusster machen können, um die Gewalt (Aggressivität) in der Sprache zu entfernen. Es erfordert viel Training und ist sehr ungewohnt, aber die dahinterliegenden Konzepte sind einfach. Statt gleich zu werten, beobachten wir. Die Beobachtung ermöglicht es, sich der eigenen Emotionen bewusst zu werden. Was macht es mit mir, wenn ich die Küche in einem unaufgeräumten Zustand vorfinde? Macht es mich traurig oder wütend? Welche Bedürfnisse habe ich? Möchte ich, dass mein Partner die Küche aufräumt? Warum möchte ich eine aufgeräumte Küche? Ist es ein Platz, an dem ich mich niederlassen möchte, um zu malen? Warum stört es mich? Wie kann ich eine Bitte an mein Gegenüber richten, die meine Bedürfnisse klar stellt, ohne verletzend zu sein?
Es ist sicher einfach etwas zu sagen wie „Ich kann die Küche wohl so oft aufräumen, wie ich will. Macht euren Scheiß doch allein, aber demnächst schmeiß ich alles weg, was länger als zwei Tage rumliegt“. Das würde einer aufkommenden Wut zwar kurzfristig ein Ventil geben, hilft aber nicht beim Verständnis, warum mir die Ordnung an diesem Platz so wichtig ist. Die folgende Bitte ist viel deutlicher: „Ich würde mich später gerne an den Tisch setzen, um zu malen. Häufig ist der Tisch vollgestellt und ich muss viel Zeit aufwenden, bevor ich ausreichend Platz habe, meine Utensilien auszupacken. Manchmal verliere ich dabei sogar die Lust und verzichte auf das Malen, obwohl es mir so gut tut. Meinst Du es wäre möglich, dass wir einen Tag in der Woche ausmachen, der mein Mal-Tag wird und an dem alle dafür Sorge tragen, dass der Tisch freigeräumt ist?“
Ich bin mir nicht sicher, ob dies ein gutes Beispiel ist, aber es sollte auch nicht komplett daneben liegen. Die Bitte im zweiten Satz enthält alles, um richtig verstanden zu werden. Und sie greift nicht an, ist also nicht verletzend. Sie beschreibt nur meine Beobachtung, meine Gefühle und mein Bedürfnis, um aus all diesen Einzelteilen eine Bitte zu formulieren. Ich finde es an dieser Stelle auch recht einfach, dies zu formulieren, da Schreiben deutlich langsamer ist, als Sprechen und ich es vor allem korrigieren kann. Etwas mehr Übung täte mir aber gut.
Das sind die Themen der Schatzsuche und es gibt einen Stundenplan, aus dem ersichtlich ist, wann was gemacht wird. Zusätzlich gibt es viele Pausen, das Plenum, die Stille, die Geschichten und gemeinsame Unternehmungen. Und hervorragendes Essen, keinen Fernseher und kein Radio oder sonstige Ablenkungen. Meine erste Schatzsuche in Aschau war im Herbst 2011. Sie dauerte sechs Tage. In diesen sechs Tagen rückte die Gruppe, die aus 8 Frauen und 3 Männern bestand, jeden Tag enger zusammen. Wir wurden eine Gemeinschaft, die zusammen aß (Franziskas Essen ist umwerfend gut), übte, spazierte, kuschelte, Anteil nahm, half, Wärme spendete und einfach da war. Nach Abschluss der Übungen und des gemeinsamen Abendmahls waren wir weiter beisammen, redeten, lachten, spielten und kamen uns immer näher.
Nach sechs Tagen waren wir so miteinander verbunden, dass wir nicht mehr fort wollten. Wir beschlossen, dass dieses Seminar nicht enden dürfe und baten Waldtraut und Helga, in naher Zukunft weitermachen zu dürfen. Wir trafen uns im Frühjahr 2012 zu einem Auffrischungsseminar. Es waren keine sechs Tage, sondern nur ein langes Wochenende, aber da wir uns schon kannten, entfiel die Anlaufphase und wir waren sofort wieder in der Stimmung, die bei der letzten Schatzsuche geherrscht hatte. Seitdem wechseln sich 6 Tage im Herbst und ein langes Wochenende im Frühjahr ab.
Mit der Zeit änderte sich zwar die Zusammensetzung der Gruppe, aber das Wesentliche der Schatzsuche blieb. Und mit den Menschen, mit denen ich seit der ersten Schatzsuche zusammen bin, verbindet mich heute eine sehr tiefe Freundschaft, die wir auch außerhalb der Schatzsuche leben. Die tiefe Verbundenheit, die wir während der Seminare spürten, wurde so Bestandteil des Alltags. Ein wunderbares Geschenk.
Anfangs war ich einer von drei Männern. Bei 8 Frauen plus zwei weiblichen Seminarleiterinnen war es vielleicht nicht besonders ausgewogen, aber die Themen der Schatzsuche scheinen Frauen wohl eher anzusprechen als Männer. Christoph hatte auch lange an mich hinreden müssen, bevor ich teilnahm. Es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens und ich bin ihm heute sehr dankbar dafür, dass er nicht locker gelassen hat. Bei den weiteren Schatzsuchen war ich der einzige Mann. Ich erinnere mich, dass mir beim zweiten Mal ab und an unwohl dabei war, aber danach begann ich mich jedes Mal mehr zu freuen, diese Rolle ausfüllen zu dürfen.
Man kann die Schatzsuche nicht beschreiben, man muss sie erleben. Worte reichen nicht aus, doch da wir nichts Besseres haben, entwickeln wir gerade das Schatzsuche-Blog. Es ist noch im Aufbau begriffen und wir wissen nicht, wie es sich entwickeln wird. Ich hege aber die große Hoffnung, dass meine Worte auf dieser Seite dazu führen, dass sich einige dort umsehen und anmelden. Ich habe eine Geschichte und die Schatzsuche ist untrennbar damit verbunden, auch wenn sie begann, nachdem der Krebs verschwunden war. Sie knüpft aber unmittelbar daran an und gibt mir bis heute die Kraft, das Erlebte zu verarbeiten und ein lebenswerteres Leben zu führen.